Theodor Ehregott Hermann Ernst Bagge

* 19. Mai 1815 Coburg
† 18. November 1899 Friedrichsdorf

von Sylvain Hodvina

Hermann Bagge

Theodor Ehregott Hermann Ernst Bagge wurde als viertes von acht Kindern des evangelischen Pädagogen Ehregott Wilhelm Gottlieb Bagge (* 5. März 1781 Coburg, † 19. September 1860 Frankfurt) und dessen dritter Ehefrau Johanne Louise Schmid (* 3. Februar 1784 Großrudestedt, † 27. März 1858 Frankfurt) am 19. Mai 1815 in Coburg geboren. Hier gründete sein Vater 1804 eine Privatschule und war seit 1818 auch Pfarrer, bevor er 1822 als Direktor der Musterschule nach Frankfurt ging. Sein Geschwister aus der ersten Ehe seines Vaters mit Johanna Christiana Sophia Bühl (* 22. August 1784 Coburg, † 20. April 1809 Coburg) war Thuiscon Erich (1809‒1810), aus der dritten Ehe waren es Ehregott Wilhelm Gottlieb (1812‒1812), Thekla Sophia Chlothilda (1813‒1813), Harald Anton Bernhard Friedrich (1817‒1895), Wilhelm Heinrich Rudolph (1819‒1822), Anna Dorothea Thusnelda (1821‒1843) und Johann Carl Ludwig (1825‒1828). Die zweite Ehe mit Friederika Christiana Hofmann (1785‒18xx) blieb kinderlos und wurde 1810 geschieden.

Handschrift Hermann Bagge, Beleg aus STU Über die Zeiten und Orte seiner Schulausbildung ist nichts bekannt, aber vermutlich erhielt Hermann Bagge seine schulische Ausbildung durch seinen Vater beziehungsweise in dessen Schulen, zunächst in Coburg und dann in der Musterschule in Frankfurt. Ab dem 15. Mai 1835 studierte er in Jena Theologie und beendete sein Studium zu Ostern 1838. Danach arbeitete er zunächst als Hilfslehrer und ab 1842 als außerordentlicher Lehrer für Religion und Naturgeschichte in der Frankfurter Musterschule. Diese Tätigkeit übte er bis Oktober 1854 aus.

Seit 1855 wirkte Hermann Bagge in Frankfurt als Prediger und Krankentröster am Heiligengeist-Hospital, bald darauf auch am Arresthaus bis Frühjahr 1867.

Am 20. September 1860 ehelichte er in Ludwigsburg Christiane Pauline von Schütz (* 6. Juni 1832 Ludwigsburg, † 23. Februar 1899 Friedrichsdorf), Tochter des Porzellanmalers Paul Carl von Schütz (* 16. Januar 1798 Regensburg, † 11. Dezember 1861 Ludwigsburg) und der Johanna Auguste Caroline Schmid (* 6. Januar 1792 Ludwigsburg, † 31. Dezember 1843 Ludwigsburg). Aus der Ehe mit der seit 1850 als Lehrerin an einem Frankfurter Privatinstitut tätigen Pauline von Schütz gingen zwei Kinder hervor: Johanna Louise Auguste (1861‒1944) und Carl Julius Ehregott (1863‒1895).

Bereits seit 1849 bestand in Friedrichsdorf ein Mädchenpensionat, das von Louise Friedericke Müller [seit 1861 Zimmer] (1824 Laasphe ‒ 1864 Friedrichsdorf) gegründet wurde und am 1. August 1867 in den Besitz von Hermann Bagge überging. Dort unterrichtetet Hermann Bagge in den Fächern Geschichte, Literatur, Deutsch und Naturwissenschaft, und seine Frau in Geographie und Handarbeit. In den Jahren 1882 bis 1886 unterrichtete auch die Tochter Johanna nach ihrer Ausbildung als Sprachlehrerin Französisch. Auch der Sohn Carl war als Oberlehrer in der „Erziehungsanstalt für junge Mädchen“ angestellt und sollte die Nachfolge seines Vaters in der Institutsleitung antreten, verstarb jedoch schon früh 1895. Nach Hermann Bagges Tod am 18. November 1899 an Altersschwäche stand das Mädchenpensionat, das der Pfarrer rund dreißig Jahre geleitet hatte, wieder zum Verkauf. Erworben wurde es von Georgine Martha Hermine von Puttkamer (1860 Stettin ‒ 1920 Friedrichsdorf).

Als Botaniker wirkte Hermann Bagge wohl nur in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Im August 1851 wurde er korrespondierendes Mitglied der Wetterauischen Gesellschaft für die gesammte Naturkunde, der er ein Faszikel Pflanzen schenkte. Von 1857 bis 1874 war er auch Mitglied des Vereins für Naturkunde im Herzogthum Nassau, trat dort jedoch nicht weiter in Erscheinung. Zahlreiche Aufsammlungen belegen seine Funde in der Wetterau, dem Taunus und dem Spessart. Er interessierte sich sowohl für die Phanerogamen als auch die Kryptogamen. Seine einzige Publikation (zusammen mit dem Bankier Friedrich Jacob Adolph Metzler, 1812 Frankfurt ‒ 1883 Frankfurt) erfolgte 1865 mit der Flechtenflora von Frankfurt. Er stand mit etlichen Botanikern in Tausch-Kontakt, so mit Gottlieb Wilhelm Karl Leopold Fuckel (1821‒1876) in Wiesbaden, mit dem Mykologen Gustav Niessl von Mayendorf (1839‒1919) in Hütteldorf bei Wien, später in Brünn (Pilze und Flechten), dem Juristen und Lichenologen Ferdinand Christian Gustav Arnold (1828‒1901) (Moose) in Ansbach, später München, dem Theologen Konrad Friedrich Ludwig Beckhaus (1821‒1890) in Höxter und dem Botaniker Johann Friedrich Thilo Irmisch (1816‒1879) in Sondershausen. Als Sammler wird Hermann Bagge bei Rossmann (1862, Algen), Russ (1868, Phanerogamen), Friedrich (1878, Flechten) sowie Schöller (1997, Flechten) erwähnt.

Das Herbarium von Hermann Bagge wurde der Frankfurter Musterschule Ende September 1901 durch den Brauer und Unternehmer Conrad Binding (1846‒1933) geschenkt und ist wohl gegen Ende des 2. Weltkrieges bei der Zerstörung des Hauses 1945 vernichtet worden.

Phanerogamen-Belege von Hermann Bagge liegen in B, FR, GOET, HBG, HEID, JE, M, MB, MSTR, STU und WIES, Kryptogamen finden sich in FR und M.

Nach Bagge benannte Pflanzen:
Baggea Auersw. 1866 ‒ Hedwigia 5(1): 1, Dresden.

Scoliciosporum baggei Metzler ex Stein 1879 ‒ Krypt.-Fl. Schlesien 2(2): 183, Breslau.
Sphaeria baggei Auersw. 1870 ‒ Leipz. Bot. Tauschverein 1, Leipzig.

Publikationen:
Bagge Flechtenflora
  • Bagge H. & Metzler [F. J. A.]: 1865: Flechtenflora von Frankfurt a. M. ‒ Ber. Oberhess. Ges. Natur- Heilk. 11: 82‒92, Gießen.
Literatur zu Hermann Bagge:
  • Voigt C. 1835: Verzeichniß der Lehrer, Behörden, Beamten und Studirenden auf der Großherzoglich Herzoglich Sächsischen Gesammt-Universität Jena. Im Sommer-Semester 1835. No. 18: [15], Jena.
  • Voigt C. 1837: Verzeichniß der Lehrer, Behörden, Beamten und Studirenden auf der Großherzoglich Herzoglich Sächsischen Gesammt-Universität Jena. Im Winter-Semester 1837/38. No. 23: [15], Jena.
  • Anonymus 1851: Jahresbericht. ‒ Jahresber. Wetterau. Ges. Gesammte Naturk. Hanau 1850/51: 3‒8, Hanau. [4, 8: als correspondirendes Mitglied Herr Candidat Hermann Bagge zu Frankfurt].
  • Kirschbaum C. L. 1857: Jahresbericht, erstattet an die Generalversammlung am 10. Januar 1858. ‒ Jahrb. Ver. Naturk. Herzogthum Nassau. 12: 438‒465, Wiesbaden. [462: Als ordentliche Mitglieder sind aufgenommen worden: Herr Bagge, Prediger am Hospital zum heiligen Geist zu Frankfurt].
  • Rossmann J. 1862: Einige Nachträge zu dem Verzeichniss der Wetterauer Algen von G. Theobald in den Jahresberichten der Wetterauer Gesellschaft über die Gesellschaftsjahre 1851 bis 1853, p. 145 S. u. ff. ‒ Jahresber. Wetterau. Ges. Gesammte Naturk. Hanau 1860‒1861: 3‒16, Hanau.
  • Auerswald B. 1866: Baggea Awd. nov. gen. Hysteriacearum. ‒ Hedwigia 5(1): 1, Dresden. [von Herrn Prediger Bagge aufgefunden und mir zur Bestimmung eingesandt].
  • Russ G. Ph. 1868: Flora der Gefäss-Pflanzen der Wetterau. 1. Lieferung. ‒ Ber. Wetterau. Ges. Gesammte Naturk. Hanau 1863‒1867: 1‒120 + [1], Hanau.
  • Kirschbaum C. L. 1877: Jahresbericht, erstattet an die Generalversammlung am 19. December 1874. ‒ Jahrb. Nassau. Ver. Naturk. 29/30: 441‒449, Wiesbaden. [447: Ausgetreten: Herr Bagge, Institutsvorsteher, zu Friedrichsdorf].
  • Friedrich C. 1878: Die Flechten des Grossherzogthums Hessen mit Berücksichtigung der anstossenden Gebiete. ‒ Riga. 53 + [3] Seiten.
  • Schrotzenberger R. 1884: Francofurtensia, 2. Aufl. ‒ Selbstverlag, Frankfurt am Main. [6] + 288 Seiten. [11].
  • Autorenkollektiv 1903: Festschrift zur Hundertjahrfeier der Musterschule (Musterschule-Elisabethenschule) in Frankfurt am Main 1803‒1903. ‒ Moritz Diesterweg, Frankfurt a. M. VI + 272 Seiten. [220].
  • Grummann V. † 1974: Biographisch-bibliographisches Handbuch der Lichenologie. ‒ J. Cramer, Lehre. IX + 44 + 839, 43 Tafeln Seiten. [B 59]. [Lebensdaten beziehen sich auf Bruder Harald]
  • Hertel H. & Schreiber A. 1988: Die Botanische Staatssammlung München 1813‒1988. ‒ Mitt. Botan. Staatssamml. München 26: 81‒512, München. [112 Pilze, 148 Flechten, 200 Moose]. [Lebensdaten beziehen sich auf Bruder Harald].
  • Schöller H. 1997: Der Bad Homburger Arzt und Botaniker Heinrich Will (1840‒1901) im Forschungsinstitut Senckenberg. ‒ Natur Museum 127(6): 165‒181, Frankfurt a. M.
  • Peilstöcker M. 1999: Höhere Töchter aufs Leben vorbereiten; aus der Geschichte des Friedrichsdorfer Mädcheninstituts; 1849‒1920. ‒ Friedrichsdorf. 49 Seiten.
  • Ludwig W. 2000: Veronica dillenii ehemals (?) in Hessen, mit Anhang: über den Floristen Hermann Bagge (1815‒1899). ‒ Hess. Florist. Briefe 49(3): 52‒55, Darmstadt.
  • Frahm J.-P. & J. Eggers 2001: Lexikon deutschsprachiger Bryologen. ‒ Selbstverlag, Norderstedt. 672 Seiten. [23].
  • Döring R. & S. Dressler 2021: Index Collectorum Herbarii Senckenbergiani (FR). [198 Seiten]. [https://www.senckenberg.de/wp-content/uploads/2021/03/Index_Collectorum.pdf]. [Angaben beziehen sich auf Bruder Harald].
Quellen:
Handschrift: Theodor Ehregott Hermann Ernst Bagge, Beleg aus STU.
Bildnis: Ausschnitt aus einem Gruppenbild des Instituts Bagge, Stadtarchiv Friedrichsdorf XII-38-b (R. Hübner Morado).

© BVNH 24. Januar 2024